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Wochenendausgabe, 05. August 2006  |  Heimat

Vergessenes Schachgenie aus Viecheln

Viecheln, nordwestlich der kleinen Stadt Gnoien, brachte einst einen bedeutenden Schachspieler und Soldaten hervor. Im Gutshaus des Dorfes (Kreis Güstrow) wurde am

1. Februar 1810 Bernhard Karl August Hermann von Hanneken geboren. Sein Vater Ludwig stand als Major in königlich preußischen Diensten und brachte es bis zum Generalmajor, was einem Brigadegeneral in der Bundeswehr entspricht.

Auch Hermann schlug die Militärlaufbahn ein. Zehnjährig wurde er Kadett in Potsdam, 1824 in Berlin, 1827 trat er als Secondelieutenant (Leutnant) in das 2. Garderegiment zu Fuß ein. Seine militärische Karriere führte ihn 1846 in den Großen Generalstab. 1866 nahm er an der Schlacht bei Königgrätz teil und wurde im selben Jahr Generalleutnant und letzter preußischer Kommandant der Bundesfestung Luxemburg. 1867 erhielt er das Kommando über die Festung Mainz. 1871 nahm er seinen Abschied. Er verstarb 1886 in Neuenahr.

Außer in militärischen Publikationen wie einer von ihm verfassten Schrift über die allgemeine Wehrpflicht taucht der Name Hermann von Hanneken mehrfach in der seit 1846 in Berlin und London erscheinenden und von der Berliner Schachgesellschaft herausgegebenen „Schachzeitung“ auf – als Spieler, aber auch als Autor. Möglicherweise war auch seine Frau Walpurgis von Hanneken eine begeisterte Schachspielerin, druckt doch diese Zeitung 1847 unter der Rubrik „Wirklich gespielte Partien“ ein Spiel Hanneken wider Hanneken ab.

„1861/62 war Hermann von Hanneken als Oberst in Wesel am Niederrhein stationiert und fuhr per Schiff nach Düsseldorf, um dort den Westdeutschen Schachbund, Vorläufer des Deutschen Schachbundes, mitzugründen“, berichtet der Schachhistoriker Harald Ball. Auf einer amerikanischen Schach-Internet-Seite fand sich ein Hinweis auf die „Hanneken Defense“. Die Hanneken-Verteidigung war beim Deutschen Schachbund nicht mehr bekannt, dessen Schachhistoriker förderten jedoch ihre Erwähnung in der „Schachzeitung“ von 1850 zutage. Die amerikanischen Schachfreunde halfen dann mit den Zügen der Hanneken-Verteidigung: 1. e4 e5 2. f4 ef4 3.Lc4 Sf6. (www.chessgames.com?pid=80999; Wiedergabe in dt. Symbolen).

Von Hermann von Hannekens Nachkommen ist besonders der Sohn Constantin, geboren 1854, zu erwähnen, der nach dem Dienst in der preußischen Armee ab 1879 Militärberater in China und Kaiserlich chinesischer General war.

Viecheln war bis 1990 Sitz der LPG (Tierproduktion) „Ernst Goldenbaum“. Die zuständige Gemeinde Behren-Lübchin hat nach 1990 das Herrenhaus des Gutes und den Gutspark restauriert, in dem alljährlich ein Parkfest stattfindet. Man sollte in Viecheln auch Schachturniere geben!

ANGELIKA HALAMA



Hermann von Hanneken als General.

Repro: OZ