»Erlaubt ist, was gefällt!«


Hans-Jürgen IsigkeitDer 1956 in Sassnitz (auf Rügen, Deutschlands größter Insel) geborene und heute in der Hansestadt Stralsund lebende Hans-Jürgen Isigkeit ist ein begeisterter Fernschachspieler. Er ist Mitglied des Deutschen Fernschachbundes (BdF) und Turnierdirektor im Weltfernschachverband (ICCF). Er trägt die Titel: Internationaler Fernschachmeister (IM) und Internationaler Schiedsrichter (IA).
Darüber hinaus ist er seit 1993 im Landesschachverband von Mecklenburg-Vorpommern aktiv tätig. In seiner Funktion als Landesspielleiter organisierte und gestaltete er aktiv den Spielbetrieb samt Einzelmeisterschaften. In seiner jetzigen Funktion als Schatzmeister hat er ebenfalls die Finanzen fest im Griff.
Dem »normalen« Schachsport geht er bei der Fachhochschulsportgemeinschaft Stralsund (FHSG Sralsund) seit 2003 nach, Zwischenstationen waren Jasmund, Niepars, Dynamo Stralsund, TSV 1860 Stralsund.



Das Foto entstand bei einem Blitzturnier in Waren, welches anlässlich einer Feierstunde des Päsidiums des Landesschachverbandes MV im November 2004 stattfand; Foto: Gerd Zentgraf

Er hat dem Webmaster des Landesschachverbandes, Gerd Zentgraf, Rede und Antwort gestanden. Hier Teil 2 des Interviews:

eine Frage ...  Man spielt ja in einem Turnier gleichzeitig gegen mehrere Gegner. Wie behält man den Überblick zu den Gegnern und deren Partien?

In der Regel spielt man zudem auch noch mehrere Turniere zur selben Zeit! Ich kenne Leute, die jederzeit in der Lage sind, ihre 15 bis 30 Stellungen ohne länger nachzudenken haargenau auf das Brett zu bringen. Das vermag ich nicht, da mein Gedächtnis extrem schlecht ist. Ich kann bestenfalls in einigen besonders interessanten Stellungen die wichtigen Figurengruppen aufbauen. Deshalb gab und gibt es ja dazu auch Hilfsmittel. Früher nutzten wir Steckalben und Stempel, um nicht immer die ganze Partie von Anfang an aufbauen zu müssen, wenn ein Zug kam, heute gibt es ja Fernschachmodule z.B. in Chessbase und andere Partieverwaltungsprogramme.


eine Frage ...  Welche Hilfsmittel benutzen Fernschachspieler in Turnieren? Welche sind überhaupt erlaubt?

Erlaubt ist, was gefällt! Es gab und gibt dort keine Einschränkungen oder Verbote.


eine Frage ...  Wie lange (Wochen/Monate/...) dauerte die kürzeste Partie? Wer war Dein Gegner und wie ging sie aus?

Ich führe hierzu keine Statistik und kann dazu auch nichts konkretes sagen, aber etwas unkonkretes. Etwa um 1994 führte der BdF Faxturniere ein, für die überwiegend Rentner meldeten. Ich tat mir das auch ein paar Mal an und die Zugfrequenz war erschreckend. In meinem ersten Turnier war ein Teil der Partien vor dem offiziellen Turnierbeginn beendet. Ich bildete mit etwa einem Tag Bedenkzeit pro Zug, die unrühmliche Ausnahme. Vielleicht ist der innere Druck, antworten zu wollen oder zu müssen besonders groß, wenn man sieht, wie der gegnerische Zug ankommt. In den ersten Emailturnieren hatte ich dieses Phänomen nicht beobachtet. Aber anfangs hatte ja kaum jemand eine Flatrate.


eine Frage ...  Wie lange (Wochen/Monate/...) dauerte die längste Partie? Wer war Dein Gegner und wie ging sie aus?

Logischerweise war es eine Postpartie. Im Masternormturnier MN 90 spielte ich gegen den Bulgaren Dimitar Yosifof Tshekov vom 04.09.2000 bis zum 16.10.2004. Dies kann ich so genau sagen, weil es zufällig die letzte laufende Partie im Turnier war. Ich erinnere mich noch gut an die Partie. Der Bulgare tat alles, um die Partie in Verluststellung zu verzögern. Glücklicherweise ging es in dieser Partie um nichts mehr, so dass ich meinen Gegner bis zum letzten Augenblick leiden ließ und mir doch den Punkt holte.


eine Frage ...  Kommt es häufig vor, dass man gleichzeitig in mehreren Turnieren spielt? In welchen Turnieren spielst Du momentan oder in absehbarer Zeit?

Es ist normal, dass man in mehreren Turnieren gleichzeitig spielt. Zumindest hat man immer die eine oder andere Überhangpartie aus älteren Turnieren, die noch nicht beendet ist. Unabhängig von der Partienzahl sind dies bei mir derzeit:
- Semifinale der 29. Weltmeisterschaft
- Kandidatenturnier der 26. Weltmeisterschaft
- Semifinale der 67. Europameisterschaft
- Jubiläumsturnier 60 Jahre BdF auf der Basis von Landesauswahlmannschaften,
- 1. Malopolska Cup (polnisches Einladungsturnier) und
- Foglar Veterans GM-B (ein tschechisches Einladungsturnier für alte Männer).

Darüber hinaus nutze ich, wie viele andere, Remoteschach und den DESC um bestimmte Dinge zu testen, ohne den Verlust von ELO-Punkten zu riskieren.


eine Frage ...  Wie werden die Züge beim Fernschach ausgetauscht? Was ist häufigsten vertreten? Gibt es Unterschiede und wo liegen diese? Was bevorzugst Du persönlich?

Derzeit gibt es drei gängige Methoden, die Züge auszutauschen, die klassische Zugübermittlung per Postkarte, das Spiel per Email und das Spiel über einen Fernschachserver. Andere Methoden, wie z.B. Faxturniere sind nur noch Randerscheinungen.
Nach meinen Erfahrungen sind die drei zuvor genannten Übertragungsmedien weltweit annähernd gleichstark vertreten, wobei es da regionale Unterschiede gibt. In den USA und in Westeuropa dominieren die elektronischen Formen, während in Osteuropa immer noch sehr viel postalisch gespielt wird. Die ICCF orientiert jedoch verstärkt auf die Nutzung von Email und vor allem auf die Nutzung des eigenen Servers.
Persönlich habe ich stets die klassische Postkarte bevorzugt, aber aus Kostengründen spiele ich, nachdem ich jahrelang eine ausgewogene Streuung meiner Partien hatte, jetzt fast nur noch per Server oder Email.
Die Zugübermittlung per Postkarte ist persönlicher und führt in der Regel zu mehr Kommunikation zwischen den Partnern. Da tauscht man sich schon mal über die Ergebnisse der Fussball-WM aus, gratuliert dem italienischen Fernschachfreund und verhöhnt den Brasilianer oder man lästert gemeinsam über unsere Regierungen oder beklagt das Wetter.
Beim Schach per Email lässt dies spürbar nach. Es ist natürlich wesentlich schneller und billiger als das Fernschach per Postkarte. Immerhin kostet ein Zug in ein anderes europäisches Land inzwischen 65 Cent, weltweit sogar einen Euro.
Bei durchschnittlich 40 Zügen pro Partie und 10 Partien im Turnier kommen da beachtliche Portokosten für ein Turnier zusammen. Die Zugübermittlung per Email kostet dagegen fast nichts und beim Fernschachserver übernimmt dieser sogar die Berechnung der Bedenkzeit, zeigt die aktuelle Tabelle an u.s.w., nur die Kommunikation bleibt weitgehend auf der Strecke. Persönlich würde ich immer noch lieber per Postkarte spielen, wenn es erschwinglich wäre.


(Fotsetzung folgt ...)

Teil 1 des Interviews

Teil 3 des Interviews